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ZEITERLEBEN im Sand von Ephesus jenseits der Winde und Wellen und Würfelspiele

 Pfingstpredigt, gehalten 2006 zu Kloster Neuendorf/Altmark

 von Pfr. Friedrich Bodo Bergk

(als Web-Ereignis mit Anmerkungen, Fotos und Links ergänzt)

 EPH 4, 3 – 16 und 22 – 24

 3 Legt allen Nachdruck auf die Einheit im Geist  und seid im Frieden miteinander verbunden: 4 ein Leib und ein Geist, eine Hoffnung, zu der ihr alle berufen seid, 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe! 6 Ein Gott und Vater aller, der über allen ist und durch alle und in allen wirkt.

 7 Natürlich hat jeder einzelne seine besondere Gnadengabe, so wie sie Christus schenkt (Luther: nach dem Maß der Gabe Christi). 8 Es heißt doch in der Schrift (Ps 68, 19): „Er ist aufgefahren zur Höhe, hat seine Feinde gefangengenommen und hat den Menschen Gaben gegeben.“ 9 Wenn da steht: „Er ist aufgefahren“, dann ist er ja zunächst hinuntergefahren in die Tiefen der Erde. 10 Dann stieg er auf über alle Himmel, um schließlich das ganze Weltall zu erfüllen.

 11 Er selbst, der Herr, hat die einen als Apostel bestellt, die andern als Propheten, wieder andere als Evangelisten oder als Hirten und Lehrer. 12 Sie sollen alle dazu beitragen, dass die Heiligen zur Ausübung ihres Dienstes zubereitet werden und dadurch der Leib Christi gebaut werde. 13 Das Ziel ist, dass wir alle zur Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes kommen, ja zur vollen Mannesreife, und so die Fülle des Christus in ihrem ganzen Ausmaß erreichen.

 14 Denn seht: Wir dürfen doch nicht immer unmündige Kinder im Glauben bleiben, wie Meereswogen hin- und hergeworfen von jedem „Wind der Lehre“, der durch Menschen aufkommt, die von ihrem launischen (Würfel-) Spiel getrieben werden oder gar bewusst auf Irreführung ausgehen. 15 Nein, wir sollen die Liebe in Wahrheit leben und in jeder Hinsicht zu dem, der das Haupt der Gemeinde ist, Christus, hinzuwachsen. 16 Von ihm her wird der ganze Leib zusammengehalten und bekommt so ein festes Gefüge durch alle Gelenke, und jedes Glied tut dabei seinen Dienst nach den Fähigkeiten, die dem einzelnen zugemessen sind. So vollzieht sich der Wachstum des Leibes, und er wird aufgebaut im Geist echter Liebe.

 22 Darum gilt es, den alten Menschen, der sich in trügerischen Begierden selbst aufreibt, abzulegen, 23 und sich im ganzen Sinnen und Denken erneuern zu lassen 24 und den neuen Menschen anzuziehen, der nach Gottes Urbild geschaffen ist in Wahrheit, Gerechtigkeit und Heiligkeit. (Hervorhebung vom Prediger)

 Übersetzung von Hans Bruns, Die Bibel, Gießen 1973(6.A.), wir ersetzen in V 14 „Laune“ durch launisches (/Würfel-) Spiel und ergänzen in V 16 „durch alle Gelenke“ deren grch. Wort Bruns ins „Gefüge“ mit einschließen wollte; beides  in Anlehnung an  Rudolf Schnackenburg in EKK , Der Brief an die Epheser, Neukirchen, (Zürich&Köln) 1982 (Düsseldorf) 2003²

                      Die Zeit zusammenfassen und ihre Größenverhältnisse:

                                   den überschwenglichen Reichtum und den erlittenen Mangel.

          Die Herzensverhältnisse („im Ausmaß Christi“) und das neue (soziale ?)                                                     Maß der  Kleider am Körper:

                              Was wird wem gerecht ?    (vgl. Eph 1, 8 -13; 2,7 und Eph 3, 8 – 13: Zur zeitübergreifenden Erfahrung „unerforschlichen Reichthums“ gibt es eine historisch bedeutsame Osterpredigt von Joh. Tobler, einem Freund Klopstocks, die fünfte seiner Predigtreihe zu 1. Kor. 15 in Zürich: „dass …Gott aber …alles, was herrlich und lieblich ist in allen seinen Geschöpfen  wirken, erhalten und vervollkommnern (wird), …, das dünkt mich sey von unsern Bibelauslegen … viel zu schwach gesagt worden; noch nicht würdig der Unermesslichkeit seiner gar alles vermögenden Weisheit und Güte. Denn obschon seine Hochheilige Gerechtigkeit auch unendlich ist und allem Bösen gewiß durch …Strafen wehrt, so löst sie sich doch, denke ich, zuletzt, auch ihrer Natur nach, unendlich in weise Güte und Offenbarung dieser weisesten Güte auf.“ In: Archidiakon Tobler, (Johannes), Die Auferstehungslehre, Zürich 1792, S. 80 f mit Eph-Zitat S. 71, s. Foto)

                            Die Zeit zusammenfassen und ihre Größenverhältnisse:

Das ist der schwer fassbare rote Faden des Epheserbriefes. Da geht es um erfahrbare Zeit. Von Menschen in Ephesus. Von Paulus oder einem seiner Schüler, der diesen Brief geschrieben hat. Aber auch von Menschen allgemein. Die werden im 3. Kapitel zusammengefasst als Generationen von Menschenkindern, Propheten, Aposteln, Heiden und Heilige. (so grundlegend, dass unsre Stelle Eph 4,11 auch im Artikel „Apostel“ bei WIKIPEDIA erscheint, dort guter Link zum Epheserbrief mit Literatur und Weblinks: www.wikipedia.de )

Am Ende unsres Abschnittes werden sie zusammengefasst in einem Wort: Leib. In dem griechischen Wort SOMA schwingt die Dynamik mit, die wir eher mit dem Wort Körperlichkeit statt Körper fassen; darum wohl bleiben so viele Übersetzungen auch heute noch bei dem alten Wort Leib.

Durch die – allen leibhaftigen Menschen - gemeinsame Erfahrung von Reichtum und Mangel weist der Briefschreiber seine Adressaten in die große – und gefährliche – Gemeinschaft von Menschen

Die Epheser leben in einer der bedeutendsten Städte der Antike. Aber der Apostel weist sie daraufhin, dass ihre feste Gemeinschaft in der Gemeinde in Ephesus nicht selbstverständlich ist: Wellen und Winde werfen und treiben Menschen hin und her ohne dass sie Halt finden. Ihr Leben gleicht einem Würfelspiel. Dies war den Ephesern durchaus bekannt. Ihre Hafenstadt an der Westküste trug als Hauptstadt Kleinasiens sogar noch den Beinamen: Tempelbewahrerin.

Das durften nur Städte, die ihren Tempelkult zur Ehre des Kaisers pflegten und die regelmäßig Römische Spiele in den Mauern ihrer Arenen zelebrierten. Nun besaß Ephesus den wohl berühmtesten Tempel der griechisch-römischen Antike:  

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Artemis geweiht,      die die Römer Diana nannten

Eines der sieben Weltwunder, wenn auch heute nur noch Ruinenfeld mit wenigen verstreuten Säulen.

 

Die Arena von Ephesus fasste über 24.000 Menschen. Von ihr stehen noch stattliche Reste. Aber alles ist Wind und Wellen und Würfelspiel. Wenn nicht die Liebe als Lebenswahrheit bezeugt wird.  (vgl. Eph 4, 14 + 15)

Eine Gemeinschaft besteht nur, wenn sie der Gefahr des Lugs und Trugs trotzt. Wie bei den an und für sich neutralen Gewalten von Himmel und Meer schaut auch hier der Apostel zurück auf den Anfang - oder eben auf die Versuchung nach dem Anfang: die Urgewalten von Bosheit, die mitunter aus dem Hinterhalt die Erkenntnis des Guten versprechen, aber nur Zerstörung bringen. Wie es die Bibel am Anfang erzählt.

Wie es aber auch den Heiden nicht fremd war, die in Ephesus ihren Artemistempel gut kannten. Wo Artemis ursprünglich Flügel hatte, um die Schwangeren und die Mütter, die in Bedrängnis waren über Flüsse und Meerengen hinweg zu tragen in ein Land, wo sie sicher ihre Kinder gebären oder aufziehen konnten. Sie sollte – ähnlich wie Nemesis – zur sicheren Lebensordnung zurückbringen, was gefährdet war.      

             

     photo on www.theoi.com /Olympios/Artemis             photo icone sur www.geocities.com

         for academic use only                  /samuelprophète/prophèteelie

Die Propheten, allen voran Jesaja und Hesekiel, hatten dazu das Bild vom

Mantel der Gerechtigkeit geprägt, das später auf Elia und Elisa zurück-

projiziert wurde. 600 Jahre später taucht der Purpurmantel bei den Evan-

gelisten (Geißelung Jesu) wieder auf

Heute bleiben Viele auf der Strecke in den Würfelspielen der Macht, den Winden und Wellen zwischen Krieg und Frieden und all den Fluchtstrecken über Länder und Meere hinweg.

Nackt ohne Mantel ,  ohne Herzenswärme von außen,  und auch nicht mehr aus dem Innern  unsres europäischen Kontinents heraus:

Wir verändern unsre Welt ohne von dem Wort der Bibel Gebrauch zu machen. Eher gegen es.

Unsre Mode kennt keine Mäntel der Gerechtigkeit.

Vielleicht ist diese Situation heute am ehesten denen bekannt, die in den Wirren der großen Welt- und Kriegsgeschichte um ihr Überleben kämpfen. Das alte Ephesus in Lydien gibt es nicht mehr. Es gibt eine neue Stadt unweit von ihr, Ayasoluk oder Solcuk, in der jetzt türkischen Provinz Izmir. Von da aus fällt heute unser Blick ganz schnell in eine aktuelle Krisen- ja Kriegsregion, den Irak.

Da mögen Menschen hin- und hergerissen sein zwischen den Fronten und den religiösen Kultstätten ihres Glaubens oder den politischen Lagern ihrer alten und neuen Staatsmänner. Sie sind schon zerrieben worden und bekommen nun das Trugbild westlicher, vermeintlich christlicher Zivilisation vor Augen gestellt. Aber um ihr Leben wird gewürfelt, sei es in Straßensperren oder in inszenierten Unfällen oder ganz einfach in dem Kugelhagel aus dem Hinterhalt.

Und gewürfelt ist schon längst vorher worden an den Tischen von Pentagon und Teilen der Nato. Und wir können sicher sein, dass etliche der Köpfe an diesen Tischen einige der gefährlich, ja apokalyptisch klingenden Worte unsrer Paulusbriefe kannten.

 

WATTEAU pour l`humanité

a THIEFs dream

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Artemis, mit Flügeln im Sternenkleid, Vase

um 565 BC, Museo Archeologico di Firenze

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Elisa empfängt von Elia den Mantel des Propheten

Ikone zu 2. Könige 2, 11 – 13, Text ab 586 BC redigiert